Amtsgericht St. Ingbert, Urteil vom 19.12.2018 – 22 OWi 416/18
Der Mandant wurde am Karfreitag mit 53 km/h in der Nähe einer Schule geblitzt, wo Montag bis Freitag von 7:00 bis 17:00 Uhr 30 km/h galt. Dazu war an dem 30 km/h-Schild ein entsprechendes Zusatzzeichen mit der Angabe dieser Tage und Uhrzeiten angebracht.
Ein Schulbetrieb fand am Karfreitag natürlich nicht statt, so dass auch eine Gefährdung von Schulkindern nicht zu befürchten war. Bereits im vergangenen Jahr wehrte sich ein Autofahrer mit dieser Argumentation gegen ein Bußgeld. Damals hatte das zuständige Oberlandesgericht in Saarbrücken die Verurteilung durch das Amtsgericht St. Ingbert aber gehalten und dies wie folgt begründet:
Danach gilt die angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auch dann, wenn es sich bei dem betreffenden Wochentag um einen gesetzlicher Feiertag handelt und über dem Zeichen 274 das Zeichen 136 „Kinder‘ (Nr. 17 der Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 StVO) angebracht ist. Denn Erwägungen zum Schutzzweck der Anordnung lassen bei Geschwindigkeitsbeschränkungen eine einschränkende, fallbezogene Auslegung nicht zu. Die Gegebenheiten des fließenden Verkehrs und die für die Verkehrsteilnehmer damit verbundenen Sorgfaltsanforderungen ermöglichen bei der Erfassung von Verkehrsregelungen nicht die Berücksichtigung regelungsspezifischer Besonderheiten, die in den durch Verkehrszeichen geregelten Anordnungen nicht unmittelbar und unmissverständlich zum Ausdruck kommen. Insbesondere darf es im Interesse der Verkehrssicherheit nicht dem einzelnen Verkehrsteilnehmer überlassen bleiben, nach einer differenzierten Betrachtung selbst zu beurteilen, ob die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung aufgrund der örtlichen Besonderheiten auch für gesetzliche Feiertage gewollt und geboten ist oder nicht. Da der Straßenverkehr einfache und klare Regeln erfordert, müssen Unbequemlichkeiten, die sich aus einem der Regel entsprechenden Verhalten ergeben und auch zumutbar sind, im Interesse der Verkehrssicherheit in Kauf genommen werden.
Daran wollte das Amtsgericht zunächst auch im Falle unseres Mandanten festhalten, der dann wegen der Überschreitung innerorts um 23 km/h ein Bußgeld von 80 Euro sowie – was er hauptsächlich vermeiden wollte – einen Punkt im Fahreignungsregister erhalten hätte.
Allerdings hatten sich zahlreiche andere „geblitzte“ Autofahrer bei der zuständigen Gemeinde wegen der Feiertagsproblematik beschwert. Deshalb konnte dem Gericht ein Bericht aus der Saarbrücker Zeitung vorgelegt werden, laut dem die Gemeinde die Beschilderung zwischenzeitlich so geändert hatte, dass die Beschränkung auf 30 km/h an Feiertagen in Zukunft nicht mehr gilt.
Aus diesem Grund und da für den Mandanten nochmals mit der geringen Gefährlichkeit argumentiert wurde, konnte ein Kompromiss gefunden werden: Die Geldbuße wird auf 50 Euro reduziert. Bei dieser Höhe gibt es nämlich keinen Punkt, so dass alle Beteiligten zufrieden waren.