Kürzlich hatten wir es in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren (Geschwindigkeitsverstoß) mit einer stationären Messstelle im Dillinger (Saar) Stadtteil Diefflen zu tun. Diese befindet sich in der Düppenweilerstraße, wo eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h besteht. Die Überwachung erfolgt durch zwei Säulen vom Typ Vitronic PoliScan FM1. Je nach Fahrtrichtung wird im Anhörungsbogen bzw. Bußgeldbescheid „FR Dillingen“ oder „FR Nalbach“ angegeben.
Bei der Bearbeitung solcher Verfahren verlassen wir uns nicht auf die Messprotokolle von Polizei bzw. Kommune, in denen die geltenden Verkehrszeichen angegeben werden. Üblicherweise ziehen wir die amtlichen Beschilderungspläne der betreffenden Straße bei und vergleichen diese ggf. auch mit der Situation vor Ort. Hierbei zeigte sich, dass in keine der beiden Fahrtrichtungen rechtmäßige Geschwindigkeitsmessungen erfolgen konnten:
- In Fahrtrichtung Dillingen ist das 30er-Verkehrsschild ca. 200 Meter von der Messstelle entfernt. Innerhalb dieses Abstands befinden sich allerdings Straßeneinmündungen, an denen die Beschilderung nicht wiederholt wird. Wer von dort aus also in die Düppenweilerstraße einbiegt und nicht ortskundig ist, kann nicht wissen, dass dort 30 km/h gilt, sondern darf von den innerorts üblichen 50 km/h ausgehen. Wiederholt werden die 30 km/h zwar fünf Meter vor der Blitzersäule. Da diese aber in einem Abstand von 50 bis 20 Meter misst, werden schon Fahrzeuge erfasst, die das Wiederholungszeichen noch gar nicht erreicht haben und deshalb ggf. von 50 km/h ausgehen dürfen.
- In Fahrtrichtung Nalbach wird die Geschwindigkeit ebenfalls auf 30 km/h reduziert; diese Reduzierung gilt jedoch nur bis zu dem Fußgängerüberweg ca. 40 Meter vor der Messsäule, da das Verkehrszeichen zusammen mit einem Gefahrenzeichen (134: Fußgängerüberweg) angebracht ist. Ab dieser Stelle darf zwar wieder 50 km/h gefahren werden; das Messgerät wurde jedoch auf 30 km/h als zulässige Höchstgeschwindigkeit eingestellt.
Während solche Fehler bei mobilen Messstellen gelegentlich vorkommen, sind sie bei ortsfesten Messstellen eher unüblich. Denn bevor eine Messsäule dauerhaft installiert wird, erfolgt üblicherweise eine sorgfältige Prüfung aller örtlichen Gegebenheiten. Dennoch war die Problematik an dieser Stelle bisher offenbar niemandem aufgefallen.
Nachdem im Hauptverhandlungstermin unseres Mandanten dem zuständigen Richter die örtliche Situation geschildert und entsprechende Fotos sowie der Beschilderungsplan vorgelegt wurden, teilte er unsere Ansicht, dass an der Stelle bei Geschwindigkeiten von mehr als 30 km/h nicht zwingend von einer Ordnungswidrigkeit ausgegangen werden kann. Der Nachweis von Ortskenntnis, also dass einem Autofahrer die Geschwindigkeitsreduzierung auch ohne Wahrnehmung des Verkehrsschildes bekannt war, wäre zwar prinzipiell zulässig, gestaltet sich in der Regel aber schwierig und war auch hier nicht möglich (anders wird es in der Regel bei Anwohnern und sonstigen Personen, die die Straße häufig befahren, sein). Das Amtsgericht St. Ingbert stellte daher das Verfahren ein und setzte sich mit der Stadt Dillingen in Verbindung, welche bereits einige Tage später (Mitte Januar 2023) den Fehler einräumte und zusicherte, die Beschilderung anzupassen.