Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz hatte im Februar Datenschutzverstöße durch die dortige zentrale Bußgeldbehörde festgestellt, die bei Geschwindigkeits- oder anderen Verstößen die Daten von Fahrzeughaltern beim Kraftfahrt-Bundesamts in Flensburg abfragte, obwohl noch nicht klar war, wer das jeweilige Fahrzeug gefahren hatte. Daraufhin hatten wir ähnliche Vorgehensweisen von Behörden in anderen Bundesländern bei den dortigen Landesdatenschutzbeauftragten zur Überprüfung vorgelegt.
Nun erfolgte eine Rückmeldung vom Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Dieser hatte bereits im März ein erste Einschätzung zu unserer Rüge gegeben und ausgeführt, „dass diese Datenerhebung erst erfolgen darf, wenn sie im Verfahren erforderlich ist.“ Nach einer Besprechung mit der Zentralen Bußgeldstelle (diese ist in Hessen beim Regierungspräsidium Kassel angesiedelt) wurde festgelegt, dass die Anforderung der Daten nicht sofort mit der ersten Anhörung eines Betroffenen erfolgen darf, sondern frühestens 14 Tage später. Die Umstellung des Systems der Bußgeldstelle soll zu 23.06.2021 erfolgen.
Ob die Zwei-Wochen-Frist ausreichend ist, muss sich in der Praxis zeigen. Es dürfte jedoch zahlreiche Fälle geben, in denen auch zwei Wochen nach Anhörung eines Betroffenen unklar ist, ob dieser der Fahrer war: Da dann noch kein Bußgeldbescheid erlassen werden darf, sind die Daten aus dem Fahreignungsregister weiterhin nicht erforderlich. Reagiert der Betroffene nicht auf das Anhörungsschreiben, müssen weitergehende Ermittlungen, etwa bei dem Betroffenen vor Ort oder durch Einsehen des Pass- oder Personalausweisfotos, vorgenommen werden, was oft länger als ein oder zwei Wochen dauert.
Dass die Daten nicht mehr wahllos bei jedem Betroffenen sofort angefordert werden, ist aber auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Bei „Altfällen“, in denen es noch zu der frühen Anforderung gekommen ist, kann dies die Chancen eines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid verbessern: Einige Gerichte stellen Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder ähnlichen Ordnungswidrigkeiten ein, wenn die zuständige Behörde bei ihren Ermittlungen den Datenschutz nicht ausreichend beachtet hat.