Gestern erging ein Urteil des Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg zur Rohmessdatenproblematik. Das Gericht argumentierte ebenso wie der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz im Januar: Die Rechtsprechung der deutschen Oberlandesgerichte, inwieweit ein Betroffener eine Geschwindigkeitsmessung eigenverantwortlich prüfen darf und hierfür Messdaten von der Bußgeldstelle anfordern darf, sei bislang uneinheitlich. Um eine einheitliche Rechtsprechung sicherzustellen, hätte das mit dem Bußgeldverfahren befasste Oberlandesgericht Karlsruhe daher die Rechtsbeschwerde gegen das zugrundeliegende Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe zulassen und eingehender prüfen müssen, ob es die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorlegt. Da das Oberlandesgericht dies unterlassen hat, wurde sein Beschluss vom 05.09.2017 durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, welches nun nochmals entscheiden muss.
Das Urteil kann hier nachgelesen werden.
Ob der Bundesgerichtshof nun endlich zu der Thematik entscheidet, ist allerdings nicht sicher. Denn zwischenzeitlich war auch das Bundesverfassungsgericht mit der Problematik erfasst und hat – für ganz Deutschland wegweisend – entschieden, dass Betroffene grundsätzlich ein Recht auf Einsicht in und Prüfung von Messdaten haben. Wie weit dieses reicht und welche Daten und Unterlagen im Einzelnen herausgegeben werden müssen, ist von den unteren Instanzen zu klären.
Damit folgt das Bundesverfassungsgericht der vom Verfassungsgerichtshof des Saarlandes bereits 2018 eingeschlagenen Richtung: Gerichte dürfen bei ordnungsgemäß durchgeführten Geschwindigkeitsmessungen mittels zugelassener und geeichter Messtechnik grundsätzlich davon ausgehen, dass die Messergebnisse richtig sind. Betroffenen selbst darf es aber nicht verwehrt werden, dies zu hinterfragen und die Messungen durch einen privat beauftragten Sachverständigen untersuchen zu lassen.